Der Jungjägerkurs 2013 / 2014 – Oder: Wie aus kleinen Smirnoffs vielleicht doch noch ein Svarowski wird…

Am 13.08.2013 trafen wir zum ersten Mal zusammen: eine bunte Truppe aus 24 Leuten wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Weiblein und Männlein, von 16 bis 66, kreuz durch die Region und quer durch alle Berufsgruppen, (oder, um Werner Maahs zu zitieren: wir waren Große, Kleine, Dicke, Dünne) die zu diesem Zeitpunkt nur eines gemeinsam hatten: den Wunsch, Jäger zu werden bzw. zumindest den Jagdschein zu erwerben.

Genauso vielfältig wie unsere Gruppe waren übrigens auch die in der Vorstellungsrunde genannten Gründe, sich dieser Aufgabe zu stellen. Familientraditionen fortsetzen, Kindheitsträume erfüllen, das eigene absolut biologische Fleisch erbeuten, neue Herausforderungen bewältigen, sich intensiv mit der Natur auseinandersetzen, Leidenschaft und Freude an der Jagd – das waren nur einige der genannten Motivationen.

Empfangen wurden wir von einer nicht ganz so bunten, sondern eher jagdlich-grün gekleideten Gruppe: unsere zukünftigen Ausbilder, Vertreter der Jägerschaft, die Mannschaft des Schießstandes und der Kreisjägermeister – alle waren da und dieses Engagement hat uns dann während der ganzen Ausbildungszeit begleitet. Wann immer wir Fragen hatten, Probleme zu lösen oder Veranstaltungen zu organisieren waren, haben wir einen hohen persönlichen Einsatz aller Beteiligten erlebt und dafür bedanken wir uns von ganzem Herzen. Wir haben uns bei Euch immer gut aufgehoben und unterstützt gefühlt!

Unser Ausbildungsleiter, Karsten Lacü, hat uns dann in die anstehenden Ausbildungsblöcke eingewiesen. Los ging es für Karsten gleich mit der – zu seinem eigenen leichten Verdruss bis zum Ende der Ausbildung nicht vollständig gelösten – Aufgabe, aus dem bunten Haufen eine waidmännisch gekleidete Truppe zu machen. Die Ansage „keine Nietenhosen und keine Turnschuhe bei jagdlichen Veranstaltungen“ schien doch immer wieder ausreichend Spielraum für Interpretationen zu lassen und hat bei dem einen oder anderen „Anblick“ zu Heiterkeit bei den Jungjäger-Anwärtern und zu gelegentlichen Verzweiflungsattacken bei Karsten geführt.

Das war aber nichts gegen die Verzweiflung, die sich in den nächsten Wochen während der Schießausbildung teilweise bei uns einschlich. Während einige schon erfahrene Schützen waren, betraten andere hier absolutes Neuland. Und dieses Neuland war weit, unübersichtlich und gespickt mit grün-gelben Schultern, blau-lila Wangen, schmerzenden Unterkiefern, blutenden Augenbrauen, Büchsenläufen aus Wackelpudding, tretenden und schlagenden Flinten, Bockscheiben in gefühlten 5 Kilometern Entfernung und Überläufer-Scheiben mit ca. 100 Km/h Fluchtgeschwindigkeit. Am schlimmsten war aber die Sache mit den Tauben – die Aussage „Ich kann die nicht mal sehen, wie soll ich die jemals treffen?“ beschreibt die Gefühlslage recht präzise.

Trotzdem haben wir dann alle die Schießprüfung bestanden. Auch hier war es wieder der Unermüdlichkeit und Kreativität unserer Ausbilder geschuldet, die mit viel zusätzlichem Einsatz auch die schwersten Fälle soweit auf die Spur gebracht haben, dass doch ausreichend viele Tauben nicht erst an den Wällen der Schießanlage zerschellten und auch die Anzahl der theoretischen Nachsuchen auf Bock- und Keilerscheibe begrenzt war.

Und das haben wir dann kräftig gefeiert! Die am nächsten Tag identifizierten Blessuren und schmerzenden Körperteile hatten also weniger mit schlechtem Anschlag zu tun, sondern mehr mit Gifhorner Jägerkorn, „Hübschen“ und teilweise wohl auch mit wackeligen Bänken.

Nach der Feier ist vor der nächsten Prüfung und so ging es dann verstärkt mit der praktischen und theoretischen Ausbildung weiter. Viel Stoff lag noch vor uns, aber auch viel an praktischer Unterweisung bei Reviergängen und Lehrjagden. Und spätestens im nassen, dornenreichen Unterwuchs des Bocklings und des Truppenübungsplatzes zeigte sich die praktische Überlegenheit von Lederhose und Gummistiefeln gegenüber Turnschuhen und Nietenhose…

Aber nicht nur zu Fragen der jagdlich tauglichen Bekleidung und sonstiger Ausrüstung haben wir vieles gelernt, sondern auch Aufbrechen, Bauen von Drückjagdständen, praktische Hundeausbildung, Anlegen von Wildäckern und Hecken, sinnvolle Öffentlichkeitsarbeit und noch vieles mehr. Spätestens hier wurde dann klar, das Jagen viel mehr bedeutet als nur das waidgerechte Erlegen von Wild. Jagd hat viel mit schweißtreibender (und häufig übersehener) Arbeit im Revier zu tun, mit intensiver Hege und dem Verständnis der Abläufe in der Natur, mit dem Kümmern auch um die nicht-jagdbare Flora und Fauna und manchmal auch dem Kampf gegen bürokratische Windmühlenflügel und unserem Bild in der öffentlichen Wahrnehmung. Wir leben in einer Gesellschaft, die immer naturferner ist und vom ständigen Werden und Vergehen, vom Fressen und Gefressen-Werden, vom großen Kreislauf der Natur immer weniger weiß und wissen will und die uns Jägern als Teil dieses Kreislaufes zunehmend skeptisch bis kritisch gegenübersteht. Es liegt an uns als Jägern, an unserem Verhalten bei der Jagd und an unserem Eintreten für die Jagd, ob und wie wir in Zukunft jagen werden. Jagd bedeutet deshalb auch das immerwährende Bemühen, unseren ethischen, moralischen und jagdlichen Selbstverpflichtungen gerecht zu werden. Auch diese Lektion verdanken wir unseren Ausbildern.

Wie das manchmal so ist – man schaut 5 Minuten nicht auf die Uhr und plötzlich sind einige Monate rum und die schriftliche und praktische Prüfung steht völlig unvermittelt und überraschend vor der Tür! Spätestens im Februar machte sich bei uns also so etwas wie Anspannung breit, denn der theoretische Stoff wurde vom Warten nicht weniger und die Zeit leider nicht mehr.

„Sie haben zwei Möglichkeiten, den Inhalt des Buches in ihren Kopf zu bekommen: Entweder Sie lesen und lernen oder sie verbrennen das Buch und schnupfen die Asche.“ Da am Ende der Ausbildung nichts über verbrannte Heintges-Unterlagen bekannt geworden ist, werden wohl die meisten aus unserer Truppe der Variante 1 dieses alten Lehrer-Ratschlags gefolgt sein und mehr oder weniger intensiv gelernt haben. Und auch die moderne Technik hat Einzug gehalten. Allen nachfolgenden Jagdschein-Anwärtern sei hier die Prüfungsfragen-App empfohlen, das sind sehr gut investierte 5,99€ und mit Smartphone wird so auch beispielsweise das Stille Örtchen zu einer idealen Lerneinrichtung.

Unsere Ausbilder haben sich dabei alle Mühe gegeben, den theoretischen Unterricht so praxisnah und leicht verdaulich wie möglich zu gestalten und trotz all der Zahnformeln, Brutdauern, Gesetzestexte, Jagdzeiten und der Büsche und Bäume, deren Blätter sich so verflucht ähnlich sehen, haben wir auch viel Spaß gehabt und viel gelacht. Erinnert sei hier stellvertretend nur an Harald Selzers unnachahmliche Lockjagd-Performance („Den Truthahn kann ich eigentlich erst nach 3 Bier gut…“) und an Werner Maahs‘ Entenjagd-Impressionen („Und dann hole ich mein Ding raus und dann sollt ihr mal sehen wir die jungen Dinger angeflogen kommen…“).

Zur Prüfung selbst gibt es gar nicht so viel zu sagen. Die schriftliche Prüfung war anspruchsvoll, aber fair. Die mündlich-praktische Prüfung fand an einem Vormittag bei wunderschönem Wetter im Ringelah statt und manch einer hätte wohl den ganzen Tag auf dieser beschaulichen Wildwiese in der Sonne liegend verbringen können. Aber die fünf Prüfungsstationen wollten bewältigt werden und wir haben sie auch bewältigt. Bis auf ein etwas zweifelhaftes Iltis-Präparat (das arme Tier ist am Ende des Tages wahrscheinlich als jedes heimische Haarraubwild angesprochen worden) waren auch hier alle Aufgaben praxisrelevant und lösbar und die Prüfer waren entspannt, freundlich und sehr, sehr fair.

Perfekt wäre der Tag gewesen, wenn wir alle bestanden hätten. Leider hat es für einen Teilnehmer aus unserer Truppe ganz knapp nicht gereicht und so mischte sich in die Erleichterung und Freude auch ein wenig Traurigkeit. Aber die nächste Prüfung kommt bald und dann schaffst Du das!

Und dann haben wir wieder gefeiert! Allen Abschwörungen zum Trotz gab es wieder Jägerkorn und „Hübschen“, Harald B. verlor Haupthaar und Bart und aus Osama-Bin-Harry wurde ein fescher, (fast) junger Bursche mit lila Strähnchen. Erinnerungen und Anekdoten aus den letzten Monaten wurden ausgetauscht, die Prüfung wurde immer wieder besprochen, jagdliche Zukunftspläne wurden geschmiedet und nachdem die Unterhaltungen wegen unerklärlicherweise auftretenden Sprachschwierigkeiten (gekennzeichnet durch massive Konsonantenhäufungen) schwieriger wurden, wurde gesungen und getanzt (zu einer anerkanntermaßen recht seltsamen Musikmischung aus Helene Fischer und AC/DC, die DJ Karsten L. dankenswerterweise aus seiner mobilen Dacia-Duster-Disco zur Verfügung stellte). Und auch die Bänke haben dieses Mal gehalten. Blessuren und Schmerzen sollen am nächsten Tag trotzdem vereinzelt aufgetreten sein, aber sei’s drum, wir hatten Spaß.

Und jetzt ist es vorbei. Neun Monate sind vergangen wie im Fluge und eine neue Truppe Jungjäger hat das Licht der Welt erblickt. Unsere Ausbilder haben uns neben viel Wissen und praktischer Erfahrung auch ein Bild von der Jagd vermittelt, wie sie sein kann und sein sollte. Nun kommt es drauf an, was wir daraus machen. Wir werden uns anstrengen, Euch nicht zu enttäuschen.

Was von der Ausbildung bleibt: viel Wissen, eine tolle Truppe, Freundschaften, viele schöne Erinnerungen an diese gemeinsame Zeit voller Anstrengungen, Erlebnisse, Erfahrungen, Spaß und die ungeklärte Frage, was nun eigentlich ein „Nubsi“ ist. So unterschiedlich auch unsere anfänglichen Motivationen waren – am Ende waren wir alle froh, den Weg gegangen zu sein und ihn auf diese Art bei diesen Ausbildern in diesem Umfeld gegangen zu sein. Und ein größeres Lob kann man, glaube ich, nicht vergeben.

Waidmannsheil!