„Leserbrief“ Ausbildungsleiter des Kompaktkurses 2016

(Satire, vorgetragen von der Klassensprecherin des Kompaktkurses auf der Abschlussfeier)

Lieber Niedersächsischer Jäger,

 

seit nunmehr vielen Jahren führen wir die Ausbildung unserer Jungjäger in der Kreis-Jägerschaft Gifhorn durch. Die waidgerechte Vorbereitung, das handwerkliche Geschick und die ethische Haltung unserer zukünftigen Jäger liegen uns dabei besonders am Herzen.

Mein Team und ich erwarten aber auch, dass die Jungjäger ihren Teil dazu beitragen, wohl wissend, dass es „Große, Kleine, Dicke, Dünne“ gibt. Ich schreibe Ihnen heute, um Ihnen mitzuteilen, dass wir aufgrund des heute abgeschlossenen Kurses hiermit unser Amt niederlegen und möchten das auch begründen:

Die Ausbildung zum Jäger ist wie eine Gesellschaftsjagd! Sie hat Regeln und Leitsignale. Auch wenn die Teilnehmer meinten, bei den ortüblichen Signalen handelt sich um den Stammplatz des Ausbildungsleiters, der unter keinen Umständen besetzt werden darf, so mussten sie lernen, dass wir keinen Spaß verstehen, wenn sie die Jagdsignale nicht erkennen. Wir sind zwar von unseren Leistungen überzeugt, aber wir waren völlig überrascht Teilnehmer zu sehen, die unserem Blasen mit dem andächtigem Ausdruck eines Opernbesuchers folgten. Wir waren leicht geneigt, ins Treiben zu schießen. Allerdings wären uns dann einige der besten Kuchenkreationen ergangen, die von uns allen immer gerne angenommen wurden. DA sind die Teilnehmer mal über sich hinausgewachsen – auch wenn sie es, wie so vieles zum ersten Mal machten.

Dennoch versuchten wir die Teilnehmer zwischendurch mit leicht zu beantwortenden Fragen zu erfreuen. Beim Reviergang um ein Rübenfeld wurde gefragt: „Welche Hackfrucht sehen Sie hier vor sich? Antwort: Salat.“

Auch informierten wir die Teilnehmer, dass u.a. Walnüsse eine Lieblingsspeise des Damwildes seien und ernteten dabei die Frage „geknackt oder ungeknackt“?

Ebenfalls fragten wir im Bereich Recht: „Wie sind die weiblichen Walker im Revier einzuordnen, die das Wild beunruhigen? Antwort: Als Stockenten.“

Und was für Nerven hat uns der Eissprossen-Zehner gekostet. „Auch das muss man wissen!“

Wir nehmen gerne Teilnehmer zu uns in den Kurs, die eine Vorausbildung in anderen Jagdschulen genossen haben. Wenn wir allerdings in den letzten Stunden feststellen, dass diese Ausbildung unseren Anforderungen nicht genügen kann, sind wir mehr denn je von uns überzeugt. Wiederholenden Teilnehmern geben wir die Chance, sich noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen, was sie eigentlich und bereits beim ersten Mal schon konnten.

Bei einigen Teilnehmern hatten wir den Eindruck, dass sie den Jagdschein nur erwerben wollen, um die Katze des Nachbarn 300 m vom Grundstück entfernt endlich bejagen zu können. Wir prüfen gerade noch die persönliche Eignung dieses Jungjägers.

In der Waffenkunde haben wir uns alle Mühe gegeben, den Teilnehmern die letzten Feinheiten dieser ausgeklügelten Techniken zu vermitteln. Wir lasen ihnen nicht zuletzt die Zeichnungen mit Nummern und Bauteilen vor. Hingegen bei der Einübung des Gebrauchs und der deutlichen Aufforderung jeden Schritt mündlich zu erläutern, verfielen sie überraschender Weise in den „Herrmann-Löns-Modus“. „Ich komme mit meiner Waffe am Hochsitz an. Es ist Mondschein und ich sehe einen schönen Bock. Ich entlade meine Waffe…“

Die Frage unseres Ausbilders für Wildbretthygiene ob auch der Seminarraum regelmäßig geputzt würde konnten wir zunächst gar nicht einordnen. Bis er uns sagte, dass sich alle Teilnehmer ständig kratzen, kamen wir drauf, dass es wohl an der Präsentation der Ektoparasiten gelegen haben könnte.

Aber die Krönung war wohl der Lernerfolg der „Einhakmontage“. Wir machten gedankliche Umwege über „Aufsetzmontage, Ein-Hand-Montage und Hakenmontage“. Wir gehen sehr stark davon aus, dass sich dieser Teilnehmer als Nächstes eine Einhakmontage für eine Einhakbüchse kaufen wird, da er die anderen Montagearten wohl kaum noch lernen wird.

Es ist ja kein Problem, wenn die Teilnehmer mal etwas nicht wissen. Sie wurden von uns ja auch mit einem herzlichen „Such voran“ oder „nicht diskutieren, einfach zur Kenntnis nehmen“ oder „macht euch keine Sorgen über die Prüfung“ aufgemuntert. Allerdings gebe ich zu, je mehr wir von der Sorgenfreiheit der Prüfung sprachen, desto unruhiger wurden unsere Jungjäger. Ist es nicht gerechtfertigt, dass wir erwarten können, dass die Dinge so gemacht werden, wie wir das wollen?

Wir haben uns persönlich mit Reviergängen engagiert und wir begrüßen es immer sehr, wenn wir von unseren Jungjägern auf die DIN/ISO Norm unserer Hochsitze hingewiesen werden. DAS nennen wir Engagement! Solche Jungjäger brauchen wir!

Aber das alles ist aber nichts gegen die Erfahrungen, die wir mit der Schießausbildung machen durften. Müssen wir den Teilnehmern bei jedem Schuss sagen, dass sie den Finger an den Abzug nehmen sollen? Ich meine, wir sollten zukünftig einen Ausbilder-Kurs anbieten, der sich damit beschäftigt, in welcher Stellung wir die Teilnehmer auf den Hochsitz tragen können bei gleichzeitiger Prüfung der Standsicherheit.

Manche Teilnehmer waren so ungeschickt, dass erst durch ein ausreichendes Einzeltraining die Waffe im Anschlag blieb. Wir haben Tango auf dem Schießstand getanzt, um auch mit ganzem Einsatz die Körperspannung bei der Waffenhandhabung zu demonstrieren.

Wenn es nach uns gehen würde, dann würden wir den Teilnehmern gerne noch einmal die Wiederholung des Kurses ans Herz legen. Dennoch sind wir um das Wild nicht bange, da unsere Jungjäger das Wild durch fortwährendes Gnickeln und Lachen ohnehin ausreichend beunruhigen werden.

Lieber niedersächsischer Jäger, während ich diesen Brief an Sie formuliert habe, habe ich erkannt, dass es besser ist, wenn die Ausbildung in unseren Händen bleibt. So etwas ist keinem anderen zuzumuten. Also werden mein Team und ich einen Arbeitskreis zur jagd-pädagogischen Weiterentwicklung der Jungjäger-Ausbildung im Kreis Gifhorn begründen. Dieser Kurs hat uns mehr als alles andere nachhaltig geprägt.

Die Jagd ist vorbei! Halali und Waidmannsheil.

 

Ihr Ausbildungsleiter und Team

 

(Satire, vorgetragen von der Klassensprecherin des Kompaktkurses auf der Abschlussfeier)