Seeadler von Windrad erschlagen – Jägerschaft möchte für Naturschutz sensibilisieren

Was Naturschützer seit dem Bau erster Windräder befürchteten, ist bei kleinen Tieren wie Fledermäusen Beobachtern zufolge bedauerlicher Alltag – sie werden von den Rotorblättern zerschmettert. Im Bereich des Hegeringes Ehra  geriet jetzt ein geschützter Seeadler in die Rotoren einer Windkraft-Anlage und wurde getötet. Anlass für die Jägerschaft, auf die steigende Tendenz der erneuerbaren Energien in der Natur und deren Einfluss auf die Tierwelt hinzuweisen.

Marion Klopp und Markus Trzonnek auf der Fläche, auf der ein Seeadler von Rotoren getötet wurde. Foto: AZ, Hilke Kottlick

 

„Die Energiewende ist nicht zu übersehen“, wissen die Jäger um Marion Klopp, Vorsitzende der Jägerschaft Gifhorn. Klar sei auch, dass die Windenergie für mittlerweile einen Großteil des Stroms in Deutschland sorgt. Die Kehrseite der Medaille aber sind den Jägern zufolge die Tiere sowie die Flora und Fauna, die dieser Stromgewinnung zum Opfer fallen. Jüngster Fall in der Nähe von Ehra-Lessien ist ein Seeadler, entdeckt von Reinhard Masur – ebenso wie Markus Trzonnek und Holger Rammelsberg – Mitstreiter in der örtlichen Jagdpächter-Gemeinschaft.

Die Jäger teilen mit, dass der Seeadler von Joachim Neumann vom Nabu-Artenschutzzentrum in Leiferde abgeholt wurde. Neumann habe den Vogel untersucht, und typische Kollisions-Verletzungen entdeckt. Dem Fachmann zufolge habe es sich um ein weibliches Tier gehandelt. Es sei zur Obduktion zum Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung nach Berlin geschickt worden. Den Jägern zufolge gibt es laut Neumann sieben Seeadler-Reviere im Landkreis und 110 in Niedersachsen.

Das von den Rotoren einer Windkraftanlage getötete Seeadler-Weibchen im Bereich des HR Ehra Foto: privat

 

Gemeinsam mit Marion Klopp nehmen die Waidmänner den verunglückten Vogel zum Anlass, mit Gerüchten aufzuräumen. So kursieren laut der Vorsitzenden Klopp nach wie vor viele Vorurteile über die Jägerschaft. „Fakt ist aber, dass wir der Natur verbunden sind“, sagt sie und verweist auf „Hege und Pflege, auf Artenreichtum und gesunden Wildbestand“. Das lasse sich aber häufig mit dem Bau von Windkraftanlagen nicht vereinbaren. „Jetzt ist sogar eine Windkraft-Anlage im Wald geplant“, haben die Jäger laut Trzonnek erfahren. Die Argumente der Jäger dazu: „Es gibt durchaus Flächen, die für Wind-Anlagen geeignet sind, aber bestimmt nicht das Ökosystem Wald“, sagen sie.

 

„Dort, wo es verträglich ist, sind wir für Windkraft“, sagt Trzonnek und er verweist parallel auf Solar-Energie. „Das ist okay auf Parkplätzen von VW oder Ikea“, nennt er Beispiele und betont, dass die Jägerschaft auf „jeden Fall für die umweltfreundlich Energie“ plädiert. Seit zwei Jahren stehen die Windräder mittlerweile vor Ehra-Lessien. Weitere 20 Jahre könnten bis zum Abbau vergehen, weiß Trzonnek. Er erinnert daran, dass „wir uns beim Bau der Anlagen der Konsequenzen nicht so bewusst waren“, sagt er und verweist neben dem getöteten Seeadler auch auf kleine Vögel oder Fledermäuse, die den Rotoren zum Opfer fallen. Deren Kadaver werden laut Klopp schnell von Krähen und Füchsen entsorgt. „Sie fallen nicht auf.“ Wohl aber der stattliche Seeadler, dessen Kadaver nicht zu übersehen war.

Kameras erkennen Vögel im Anflug

 

Trzonnek erwähnt den Landverkauf für die Windkraft-Anlagen in der Vergangenheit. „Wäre ich in der Lage gewesen, hätte ich es mir auch nicht erlauben können, so viel Geld auszuschlagen“, sagt er. Das sollte seiner Meinung nach jedoch nicht daran hindern, nachträglich zu handeln. So ließen sich eventuell Maßnahmen umsetzen, deren Wirksamkeit anderen Ortes bereits geprüft worden ist. Zum Beispiel Kameras, die installiert an den Windkraft-Anlagen, Vögel im Anflug erkennen, die Rotoren stoppen umgehend um Kollisionen zu vermeiden. „Das Abschalten der Anlage würde den Investoren aber wohl nicht auf Dauer gefallen“, gibt sich Klopp dazu skeptisch.

 

Artenschutz trifft auf Klimaschutz – die Suche nach Lösungen ist längst nicht beendet. Die Jäger bestehen aber darauf, dass die heimischen Tiere nicht die Verlierer der Energiewende sein dürfen. Ihr Motto heißt laut Klopp „Hege und Pflege der Natur“. Hier gelte es die Probleme zu erkennen, sie abzumildern und neue Lösungen zu finden.

 

 

2024-03-13

Bericht:

Hilke Kottlick, AZ

Angela Heider