2023-10-23_Wolfsriss im Revier Barwedel 1 ?

Als Andreas Heinecke am Sonntagvormittag auf seinen Ansitz im Barwedeler Moor zukommt, sieht er bereits von weitem etliche Kolkraben kreisen und das hölzerne Krächzen ist nicht zu überhören…

Direkt auf dem seit vielen Jahren genutzten Wildwechsel liegt ein weibliches Stück Damwild, 7 bis 8 Jahre alt, Lebendgewicht ca. 50 kg, von dem außer dem Haupt, den Läufen und einigen Rippen kaum mehr etwas übrig ist!

„Am Sonnabendnachmittag war ich – wie jeden Tag – hier, da war auf der Wiese derartiges noch nicht zu entdecken!“, stellt Andreas Heinecke fest und Heinrich Michel, Mitpächter der Gemeinschaftsjagd Barwedel I ergänzt, dass es sich hier um den ersten bekannten Damwild Riss handelt. „Ich kann mir auch vorstellen, dass an dem Riss mehr als ein Wolf möglicherweise des Ehraner Rudels beteiligt war“, meint er überzeugt.

Der hinzugezogene Wolfsberater, Joachim Remitz, stellt einen Kehlbiss fest und nimmt für die bevorstehende DNA-Untersuchung entsprechende Proben. Sehr großzügig setzt er den Risszeitpunkt auf einen Zeitraum von 24 bis 48 Stunden. Momentan sei dem Wolf dieser Riss nicht 100%ig zuzuordnen.

Erst wenn das Untersuchungsergebnis vorliegt gibt es Sicherheit. Aber: „Es ist sehr selten, dass ich so einen „frischen“ Riss in freier Wildbahn sehe und beurteilen kann. Für mich sieht es nach einem Wolfsriss aus!“

Die Frage, ob nur ein Wolf oder mehrere das Alttier gerissen haben bleibt allerdings offen, denn in der Zeit vom Riss bis zum Auffinden sind etliche Stunden vergangen. Sowohl Fuchs als auch Marderhund könnten sich bedient haben. Und die bereits erwähnten Kolkraben warten nur darauf, dass sich die störenden Menschen von ihrer Restbeute entfernen…

„Bin für nor­ma­le Be­ja­gung“ 

Kreis-Jä­ger­meis­ter Kars­ten Lacü über mög­li­che Wolfs­ab­schüs­se
VON PAS­CAL PA­TRICK PFAFF

GALERIE  2

Mitglieder eines Wolfsrudels sind auch schon im Nordkreis aufgefallen. SymbolFoto: dpa 

Land­kreis Gif­horn – Nach­dem es im Isen­ha­ge­ner Land zu­letzt mehr­fach Fälle von ge­ris­se­nen Nutz­tie­ren gab, ist das Thema „Wolf“ in der Re­gi­on wie­der ver­mehrt prä­sent. Ob Wei­de­tier­hal­ter, Pilz­samm­ler oder Jog­ger: Sie alle sind di­rekt oder in­di­rekt von Ise­grims Wir­ken be­trof­fen. Bun­des­um­welt­mi­nis­te­rin Stef­fi Lemke (Grüne) brach­te kürz­lich den Ge­dan­ken ein, den Wolf leich­ter ent­neh­men, also ab­schie­ßen kön­nen zu dür­fen, so­fern er mehr­mals auf­fäl­lig ge­wor­den ist und eine zu­mut­ba­re Schutz­vor­keh­rung wie einen Zaun über­wun­den hat.

In die­sem Fall soll per Aus­nah­me­ge­neh­mi­gung 21 Tage lang auf ihn ge­schos­sen wer­den dür­fen – und das im Um­kreis von 1000 Me­tern um die Tier­wei­de. An­ders als bis dato soll dem­nach aber nicht erst eine DNA-Ana­ly­se ab­ge­war­tet wer­den müs­sen.

Was Gif­horns Kreis­jä­ger­meis­ter Kars­ten Lacü von Lem­kes Idee hält und was er Tier­hal­tern dies­be­züg­lich sagen kann, hat er Pas­cal Pa­trick Pfaff im IK-Ge­spräch dar­ge­legt.

Herr Lacü, wie steht die Kreis-Jä­ger­schaft zu Lem­kes Idee?

Die Man­power wäre viel­leicht da. Doch man muss ab­war­ten, ob dies alles um­setz­bar ist. Ich halte Lem­kes Vor­schlag nicht für ziel­füh­rend, denn wer setzt sich schon für 21 Tage hin und kon­trol­liert den Um­kreis von 1000 Me­tern? Das ist zeit­lich gar nicht mög­lich. Zudem ist die Po­pu­la­ti­ons­dy­na­mik der Wölfe groß. Und es ist auch ein schwie­ri­ges Thema, weil es Wolfs­freun­de gibt, die einen Ab­schuss gar nicht wol­len. Ich bin für eine ganz nor­ma­le Be­ja­gung, wie es auch in an­de­ren eu­ro­päi­schen Län­dern wie etwa Schwe­den der Fall ist. Nach Quote – so wie es auch In­ter­es­sen­ver­bän­de des länd­li­chen Rau­mes for­dern.

Er­höht es die Si­cher­heit der Nutz­tier­hal­ter, wenn Lem­kes Vor­schlag um­ge­setzt wer­den soll­te?

Das glau­be ich nicht, es ist aber auch schwie­rig zu be­wer­ten. Wölfe ler­nen ja schnell und kön­nen einen Zaun un­ter­gra­ben oder über­sprin­gen. Der Wolfs­be­stand ins­ge­samt in der Flä­che müss­te mehr ins Blick­feld ge­ra­ten, da wäre ein Ab­schuss­plan ziel­füh­ren­der. Ins­ge­samt ist Lem­kes Idee für mich ein Ver­such, alle ins Thema „Wolf“ in­vol­vier­ten Grup­pen zu be­frie­den. Mei­nes Er­ach­tens wird sich da­durch nicht sehr viel än­dern. Es ist halt etwas „getan“.

Stich­wort „Hun­de­be­sit­zer“. Kön­nen sie ihr Tier nun häu­fi­ger frei lau­fen las­sen?

Es wäre po­pu­lis­tisch, wenn ich jetzt for­de­re, dass die Hunde an die Leine sol­len. Mir liegt da eine Emp­feh­lung fern, denn das muss jeder selbst ent­schei­den. Fakt ist, dass in der Brut- und Setz­zeit zwi­schen 1. April und 15. Juli eine Lei­nen­pflicht gilt. An­sons­ten kann jeder mit sei­nem Hund un­an­ge­leint her­um­lau­fen. Al­ler­dings ist der Wolf auch in­zwi­schen im Land­kreis Gif­horn om­ni­prä­sent und dar­auf muss man sich ein­stel­len. Für mich je­den­falls ge­hört ein Hund im Wald an die Leine, denn das Tier ist ja keine Ma­schi­ne und läuft dann auch unter Um­stän­den schon mal weg. Dass der Wolf den Hund als Kon­kur­ren­ten oder als Beute be­trach­tet und auch an­grei­fen kann, ist auch be­kannt.

Wenn sich der Vor­schlag der Bun­des­mi­nis­te­rin durch­set­zen soll­te, dann braucht der Pilz­su­cher im Wald zum Schutz nun also kein Pfef­fer­spray mehr?

Also ich glau­be, er braucht nur ein Mes­ser und einen Korb (lacht). Aber im Ernst: Ob je­mand in den Wald Pfef­fer­spray mit­nimmt, bleibt auch eine per­sön­li­che Ent­schei­dung. Wer sich hier un­wohl fühlt und gerne Pilze mag, kann diese auch frisch auf dem Wo­chen­markt kau­fen. Das heißt, ein­fach weg­blei­ben. Mir ist je­doch noch kein Über­griff auf Men­schen im Land­kreis be­kannt, eine große Ge­fahr gibt es wahr­schein­lich der­zeit nicht. Wer im Wald ist, soll­te frei­lich nicht in jeden ver­las­se­nen Win­kel wan­dern, und bei einer Be­geg­nung mit dem Wolf nicht weg­ren­nen. Das ist der­zeit nach „Ex­per­ten­mei­nung“ das rich­ti­ge Ver­hal­ten. Ich hoffe nicht, das uns auch hier der Wolf eines Bes­se­ren be­lehrt, wie schon bei an­de­ren Din­gen, bei denen man der Mei­nung war, das dies nie pas­siert, zum Bei­spiel Über­grif­fe auf Pfer­de und Rin­der.

Wol­len die Jäger ei­gent­lich auf den Wolf schie­ßen?

Da gibt es ge­spal­te­ne Mei­nun­gen. Die Jäger müs­sen je­den­falls auch wei­ter­hin Wild jagen, um es zu re­gu­lie­ren. Viel­leicht aber nicht mehr so viel wegen des Wolfs. Kei­ner will ihn aus­rot­ten, auch ein Jäger nicht. Es gibt aber nicht viele Jäger, die unter den ak­tu­el­len Rah­men­be­din­gun­gen den Wolf jagen wol­len – eben­so wenig wie unter den Be­din­gun­gen, die Frau Lemke an­ge­dacht hat. Das ist unter an­de­rem auf die Men­schen zu­rück­zu­füh­ren, die den Wolf schüt­zen wol­len. Da gibt es viel Hass, vor allem in den so­zia­len Me­di­en. Manch einer sitzt vor dem Com­pu­ter mit Chips und Bier und lässt einen Spruch ab. Jeder muss also mit sich selbst ab­ma­chen, ob er den Wolf bei Vor­lie­gen einer Ab­schuss­ge­neh­mi­gung be­ja­gen will. Der Wolf auf jeden Fall ist ein Wild­tier, das als zu­sätz­li­cher Un­ru­he­fak­tor in der Kul­tur­land­schaft zu­sätz­lich bleibt und das Jagen na­tür­lich schwie­ri­ger und an­spruchs­vol­ler macht.

„Wenn die Jäger mehr Rehe schießen würden, gäbe es weniger Wölfe…“

In einem Interview mit der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung hat der Niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel sich u.a. zu den steigenden Wolfszahlen geäussert und dabei gesagt:

„Einen schnellen Beitrag zur Regulierung könnten jetzt schon die Jäger leisten, indem sie mehr Schalenwild schießen. Je mehr Rehe es gibt, desto größer ist nämlich erwiesenermaßen die Zahl der Beutegreifer. Weniger Rehe würden also auch weniger Wölfe bedeuten.“

Das vollständige Interview: Interview_Haz

Die Landesjägerschaft Niedersachsen e.V. hat dazu eine Presseerklärung herausgegeben, in der sie sich irritiert und befremdet über diese Schuldzuweisung zeigt und u.a. schreibt:

„Angesichts einer seit langem bekannten jährlichen Reproduktionsrate der Wölfe von 30
Prozent und mehr, zeugten solche Äußerungen eher von der Hilflosigkeit des
Ministeriums und dem durchsichtigen wie verzweifelten Versuch, von den eigenen
Unterlassungen und Fehlern abzulenken.“

Die vollständige Pressemeldung: PI_Land Niedersachsen ist für das Wolfsmanagment verantwortlich

Wölfe im Landkreis Gifhorn

Die LJN ist vom Nds. Ministerium für Umwelt und Klimaschutz offiziell mit dem Wolfsmonitoring in Niedersachsen betraut.

Sie arbeitet mit über 40 ehrenamtlichen Wolfsberaterinnen und Wolfsberatern zusammen, die vom Ministerium eingesetzt wurden. Gemeinsam werden Wolfshinweise protokolliert, die Daten anschließend bei der LJN zusammengeführt, bewertet und dem Land übermittelt. Wissenschaftliche Unterstützung leistet hierbei die Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover.

Bitte melden Sie Spuren und Hinweise auf Wölfe an unsere ehrenamtlichen Wolfsberater:

  • ·       Jochen Remitz (0171-9728303)
  • ·       Dr. Andrea Deeken (0160-98584726)

Oder an die Wolfsbeauftragte der Landesjägerschaft Niedersachsen e.V. :

Britta Habbe

Der Wolf zurück in Niedersachsen – Die Landesjägerschaft bereitet sich vor

Wolfsvorkommen in Deutschland

Seit dem Jahr 1995 sind nach über hundert Jahren Abwesenheit wieder Wölfe in Deutschland ansässig. Auf einem Truppenübungsplatz in der Muskauer Heide in Sachsen wurde vor 13 Jahren das erste Wolfspaar nachgewiesen und im Sommer 2000 die ersten Welpen gesichtet. Seit dem hat sich in Deutschland durch natürliche Ausbreitung eine Population von 33 sicher nachgewiesenen adulten Tieren gebildet (s. Abb. 1). Sechs Rudel und zwei Wolfspaare haben sich im Bereich der Lausitz im Grenzgebiet Sachsen/Brandenburg angesiedelt, ein Rudel ist in Sachsen-Anhalt ansässig. Weitere Wolfspaare wurden im südlichen Brandenburg nachgewiesen. Auch in weiteren Bundesländern wie Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Bayern und Niedersachsen konnten schon einzelne, territoriale Tiere bestätigt werden.

Die Vergrößerung der Wolfspopulation in Deutsch­land ist besonders auf die Wiedervereinigung Deutschlands zurückzuführen. Mit dem Fall der Mauer wurde der Wolf auch in der ehemaligen DDR unter Schutz gestellt. Er unterliegt seitdem in ganz Deutschland dem Naturschutzrecht und wird als „besonders geschützt“ geführt.

Der Wolf ist aber nicht nur auf nationaler Ebene geschützt, er wird auch in den Richtlinien der EU (FFH-Richtlinie, Washingtoner Artenschutzabkommen) als prioritäre Art mit höchstem Schutzstatus geführt. Damit einhergehend fordert die EU ein Management für die Population. So soll eine natürliche Wiederbesiedelung alter Lebensräume ermöglicht werden. Konzepte dieser Art werden von den jeweiligen Ländern erarbeitet.

Auch in Niedersachsen gab es seit 2006 Hinweise auf einzelne Wölfe. Das Land bietet in Bezug auf die landschaftlichen Gegebenheiten sowie auf die Populationen potenzieller Beutetiere ähnliche Lebensräume wie die Wolfsgebiete in Sachsen. Besonders Gebiete der

Lüneburger Heide und im südlichen Niedersachsen (Solling, Harz) bieten für den Wolf gute Lebensbedingungen (siehe Abb. 2). So scheint es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, wann der Wolf auch hier wieder territorial ansässig wird. Hier stellt sich die Frage wie sich der neue Großprädator auf das bestehende Ökosystem, speziell die Schalenwildpopulationen,  auswirken wird.

Landesjägerschaft Niedersachsen unterstützt Wolfsmonitoring

Die Landesjägerschaft Niedersachsen (LJN) begleitet die natürliche Rückkehr des Wolfes nach Niedersachsens zusammen mit dem Institut für Wildtierforschung an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (IWFo) auf wissenschaftlicher Basis.

Mit dem Wolf nimmt sich die LJN nun einer Art an, die nicht mehr im Jagdrecht aufgeführt ist. Das Präsidium und der Erweiterte Vorstand der LJN haben einstimmig beschlossen, einen neuen Weg zu wagen und sich des Wolfes anzunehmen. Mit Blick auf die Populationsdynamik und den rechtlichen Status der Wölfe in Deutschland ist klar, dass auch Niedersachsen in den nächsten Jahren wieder zum Wolfsland werden wird. In Niedersachsen besteht durch Initiative der Jägerschaft bereits eine enge Kooperation mit dem Ministerium für Umwelt  und Klimaschutz  (MU) sowie dem Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung  (ML). Das MU hat bereits im Jahr 2009 42 ehrenamtliche Wolfsberater [1] für Niedersachsen benannt. Unter diesen finden sich viele Jäger, Förster und Mitarbeiter weiterer Naturschutzverbände. Die Wolfsberater unterstützen die zuständige Behörde, den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) [2] und gehen Hinweisen aus der Bevölkerung nach. Sie wurden nach nationalen Standards geschult, um Hinweise auf Wolfsvorkommen fachgemäß zu dokumentieren und eventuelle Wolfsrisse zu begutachten. Beim NLWKN werden die Daten schließlich zusammengeführt und abschließend bewertet.

Im Zuge der Kooperationsvereinbarung unterstützt die LJN das Ministerium bei der Dokumentation des Wolfsvorkommens und trägt mit der Einstellung der Biologin Britta Habbe [3] aktiv dazu bei, das bestehende Netzwerk in Niedersachsen zu verstärken. Bei Spuren im eigenen Revier steht sie als Ansprechpartnerin der Landesjägerschaft mit Rat und Tat für die Dokumentation zur Seite.

Alle Jäger können beim Wolfsmonitoring aktiv mitarbeiten: Veränderungen im eigenen Revier, Sichtungen oder Spurenfunde (z. B. Fährten, Losung) sollten zeitnah gemeldet werden. Wölfe nutzen nachts oft das menschliche Wegenetz, so dass die Tiere oftmals direkt in Fahrspuren gefährtet werden können (Abb. 3). Auch Losung wird oft exponiert an Wegrändern und auf Kreuzungen abgesetzt, welche tagsüber abgesucht werden können. Eine Beunruhigung des Wildbestandes durch das Wolfsmonitoring ist daher kaum zu befürchten.

Eine genaue Dokumentation der Funde ist notwendig, damit diese wissenschaftlich für das Monitoring verwendet werden können. So bestehen festgelegte Dokumentationsprotokolle [4], nach denen Spuren aufgenommen werden sollten.

Wolfsnachweise in Niedersachsen

Während es 2006 schon erste Hinweise auf Wolfsvorkommen in Niedersachsen gab, konnte 2007 im Raum Unterlüß ein Wolf fotografiert und somit definitv nachgewiesen werden. Im selben Jahr wurde ein weiteres Tier im Raum Lüchow-Dannenberg auf einer Drückjagd erschossen. Seit Mai 2008 konnte auch im hessischen Reinhardswald ein Wolf nachgewiesen werden. DNA-Analysen identifizierten einen jungen Rüden, der sich wohl schon seit 2006 im Reinhardswald aufhielt und vereinzelt Streifzüge in den niedersächsischen Solling unternahm. Hier wurde er 2008 fotografiert. Mitte April dieses Jahres wurde der Rüde tot und bereits stark verludert aufgefunden. Eine äußere Gewalteinwirkung war nicht erkennbar. Die Überreste des Tieres wurden zur weiteren veterinärmedizinischen Analyse geborgen, deren Ergebnis bisher noch aussteht.

In den Jahren 2009 und 2010 wurden in Niedersachsen keine definitiven Wolfsnachweise gemeldet. Zwar gab es viele Hinweise, diese hatten aber oft aufgrund unsicherer Spuren oder ungenügender Dokumentation keine starke Beweiskraft. Erst im März 2011 wurde ein junger Wolf südlich von Hamburg, in der Nähe von Maschen fotografiert. Die durch Experten bestätigten Fotos ergeben einen eindeutigen Nachweis, dass hier ein Jungwolf auf Wanderschaft ist. Das vermutlich selbe Tier wurde nur wenige Wochen später auf dem Truppenübungsplatz Munster-Nord gesichtet. Hier gelang es nicht nur, das Tier zu fotografieren(s. Abb. 4), es wurde auch eine frische Losung gefunden, die zur DNA-analytischen Untersuchung in das Referenzlabor in Gelnhausen eingeschickt wurde. Die Ergebnisse der Analyse können Informationen über Herkunft und Geschlecht des Tieres liefern.

Parallel zu dem „Maschener Wolf“ ist ein weiteres Tier in Niedersachsen unterwegs: Im benachbarten Bundesland Sachsen-Anhalt ist seit dem Winter 2008/2009 ein Rudel auf dem Truppenübungsplatz Altengrabow nachgewiesen. Im Frühjahr 2011 gelang es, zwei Jährlingsfähen aus diesem Rudel zu fangen und zu besendern. Seitdem sind die Wanderwege der beiden Tiere genau zu beobachten. Während das eine Weibchen sich immer noch im elterlichen Territorium aufhält, ist die Schwesterfähe Richtung Norden gewandert und konnte Anfang Mai im Raum Lüchow-Dannenberg und Mitte Mai im Bereich Lüneburg geortet werden. Per SMS werden die Wolfsforscher in Sachsen-Anhalt, die das Projekt bis 2012 betreuen, mehrmals am Tag über den Standort der markierten Wölfe informiert. Danach hatte die Wölfin am 4. Mai die Elbe nördlich von Sandau durchschwommen und in der Nacht zum 5. Mai die Lüchow-Dannenberger Kreisgrenze bei Schnackenburg überschritten. Parallel zur Elbe zog sie in Richtung Hamburg. Die Daten des Projektes werden monatlich auf der Homepage des Landes Sachsen-Anhalt [5] veröffentlicht. In Niedersachsen sind über die Telemetriedaten hinaus noch keine weiteren Meldungen an die Wolfsberater über die Wölfin eingegangen. Sie scheint dem Menschen geschickt aus dem Weg zu gehen.

„Human Dimensions“ – Mensch und Wolf

Die Dokumentation des Wolfsvorkom­mens ermöglicht eine sachliche Informat­ion der Jägerschaft sowie der übrigen Bevölkerung. Der Wolf gilt seit jeher als Tierart, die die Gemüter stark erhitzt und dabei positive wie negative Emotionen hervorruft. Oftmals wird hierbei über den „Mythos Wolf“, also die aus Märchen und Geschichten bekannte menschenfressende Bestie, und nicht über die Wildtierart Wolf diskutiert. Sachliche, wissenschaftlich fundierte Daten sollen hier helfen, den Wolf aus der Märchen- und Geschichtenwelt herauszulösen und die Biologie des Tieres objektiv und fachlich zu vermitteln.

Welche Bilder im Zusammenhang mit dem Wolf in den Köpfen der niedersächsischen Jäger vorhanden sind, welche Vorurteile und welche Befürchtungen bestehen, wird in einem weiteren wissenschaftlichen Ansatz bearbeitet. Im Bereich der Sozialwissenschaften wird schon lange erfasst, welche Einstellungen, Gefühle und Meinungen Personen über bestimmte Tatbestände oder Objekte haben. Dieser Forschungsbereich findet auch im Wildtiermanagement immer mehr Anwendung. Die Einstellung des Menschen zum Tier spielt hier eine zentrale Rolle für die Akzeptanz von Vorgehensweisen und Entscheidungen. Die Suche nach den Ursachen von Einstellungen und Meinungen soll helfen, Konfliktfelder zu erkennen und zu bearbeiten.

Schalenwildmonitoring

Eine Befürchtung, dass sich eine Konkurrenzsituation zwischen Jägern und Wolf als Beutegreifer im Revier einstellen könnte, stellt ein potenzielles Konfliktfeld dar. Daher werden im Zuge der Rückkehr der Wölfe nach Niedersachsen die potenziellen Beutetiere in den Fokus gerückt. Das IWFo arbeitet zurzeit ein Schalenwildmonitoring auf. Hierbei sollen Zahlen und Verhalten des Wildes erfasst werden, um im weiteren Verlauf der Rückkehr des Wolfes, neben weiteren Faktoren (Erholungs- und Nutzungsfunktion des Waldes), auch Basisdaten zum Einfluss des Wolfes auf die Schalenwildpopulation zu erhalten. Das IWFo wird verschiedene Erfassungs- und Beobachtungsmethoden einsetzen, die zusammen mit kundigen Personen vor Ort (Förster, Jäger) durchgeführt werden und regelmäßig die Erhebungen evaluieren. Alle Aufgaben werden in enger Zusammenarbeit mit den Niedersächsischen Landesforsten und privaten Revierinhabern durchgeführt.

Mit ihrer aktiven Beteiligung an dem Wolfskonzept Niedersachsens erwirbt die LJN aktuelle Informationen über das Themengebiet aus erster Hand. Die Begleitung der Wiederbesiedelung aus nächster Nähe liefert Daten anhand derer sachliche Diskussionen zum Thema ermöglicht werden. Es ist an der Zeit, die Tierart Wolf neu kennenzulernen. Durch ihren Einsatz erhofft die Landesjägerschaft Niedersachsen sich ein konfliktarmes Miteinander von Jägern, Naturnutzern und dem Wolf in Niedersachsen. Seine eigenständige Wiederkehr stellt eine Bereicherung unserer heimischen Tierwelt dar.

 

Kontaktdaten

Dipl. Biol. Britta Habbe
Mitarbeiterin der Landesjägerschaft Niedersachsen am
Institut für Wildtierforschung an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
Bischofsholer Damm 15
30173 Hannover
Büro: 0511-8567791
Mobil: 0179-9075166
E-Mail: bhabbe@ljn.de oder britta.habbe@tiho-hannover.de

 

Literatur
Reinhardt, I. and G. Kluth (2007). Leben mit Wölfen - Leitfaden für den Umgang mit einer konfliktträchtigen Tierart in Deutschland. BFN-Skripten 201. B. f. Naturschutz. Bonn.

 


[1] Wolfsberater Landkreis Gifhorn: Dr. Andrea Deeken: 05831-2519260; Elke Meier: 0511-9110524; Joachim Remitz: 0171-9728303, vollständige Liste auf www.wildtiermanagement.com/wildtiere/haarwild/wolf/
[2] Ansprechpartnerin: Bärbel Pott-Dörfer; Tel.: 0511/3034-3201
[3] Britta Habbe,  Tel: 0511-856 77 91 oder 0511-530 43 18, bhabbe@ljn.de
[4] erhältlich auf www.wildtiermanagement.com
[5] http://www.sachsen-anhalt.de/index.php?id=48523