Kreis-Jägermeister Karsten Lacü über mögliche Wolfsabschüsse
VON PASCAL PATRICK PFAFF
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Mitglieder eines Wolfsrudels sind auch schon im Nordkreis aufgefallen. SymbolFoto: dpa
Landkreis Gifhorn – Nachdem es im Isenhagener Land zuletzt mehrfach Fälle von gerissenen Nutztieren gab, ist das Thema „Wolf“ in der Region wieder vermehrt präsent. Ob Weidetierhalter, Pilzsammler oder Jogger: Sie alle sind direkt oder indirekt von Isegrims Wirken betroffen. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) brachte kürzlich den Gedanken ein, den Wolf leichter entnehmen, also abschießen können zu dürfen, sofern er mehrmals auffällig geworden ist und eine zumutbare Schutzvorkehrung wie einen Zaun überwunden hat.
In diesem Fall soll per Ausnahmegenehmigung 21 Tage lang auf ihn geschossen werden dürfen – und das im Umkreis von 1000 Metern um die Tierweide. Anders als bis dato soll demnach aber nicht erst eine DNA-Analyse abgewartet werden müssen.
Was Gifhorns Kreisjägermeister Karsten Lacü von Lemkes Idee hält und was er Tierhaltern diesbezüglich sagen kann, hat er Pascal Patrick Pfaff im IK-Gespräch dargelegt.
Herr Lacü, wie steht die Kreis-Jägerschaft zu Lemkes Idee?
Die Manpower wäre vielleicht da. Doch man muss abwarten, ob dies alles umsetzbar ist. Ich halte Lemkes Vorschlag nicht für zielführend, denn wer setzt sich schon für 21 Tage hin und kontrolliert den Umkreis von 1000 Metern? Das ist zeitlich gar nicht möglich. Zudem ist die Populationsdynamik der Wölfe groß. Und es ist auch ein schwieriges Thema, weil es Wolfsfreunde gibt, die einen Abschuss gar nicht wollen. Ich bin für eine ganz normale Bejagung, wie es auch in anderen europäischen Ländern wie etwa Schweden der Fall ist. Nach Quote – so wie es auch Interessenverbände des ländlichen Raumes fordern.
Erhöht es die Sicherheit der Nutztierhalter, wenn Lemkes Vorschlag umgesetzt werden sollte?
Das glaube ich nicht, es ist aber auch schwierig zu bewerten. Wölfe lernen ja schnell und können einen Zaun untergraben oder überspringen. Der Wolfsbestand insgesamt in der Fläche müsste mehr ins Blickfeld geraten, da wäre ein Abschussplan zielführender. Insgesamt ist Lemkes Idee für mich ein Versuch, alle ins Thema „Wolf“ involvierten Gruppen zu befrieden. Meines Erachtens wird sich dadurch nicht sehr viel ändern. Es ist halt etwas „getan“.
Stichwort „Hundebesitzer“. Können sie ihr Tier nun häufiger frei laufen lassen?
Es wäre populistisch, wenn ich jetzt fordere, dass die Hunde an die Leine sollen. Mir liegt da eine Empfehlung fern, denn das muss jeder selbst entscheiden. Fakt ist, dass in der Brut- und Setzzeit zwischen 1. April und 15. Juli eine Leinenpflicht gilt. Ansonsten kann jeder mit seinem Hund unangeleint herumlaufen. Allerdings ist der Wolf auch inzwischen im Landkreis Gifhorn omnipräsent und darauf muss man sich einstellen. Für mich jedenfalls gehört ein Hund im Wald an die Leine, denn das Tier ist ja keine Maschine und läuft dann auch unter Umständen schon mal weg. Dass der Wolf den Hund als Konkurrenten oder als Beute betrachtet und auch angreifen kann, ist auch bekannt.
Wenn sich der Vorschlag der Bundesministerin durchsetzen sollte, dann braucht der Pilzsucher im Wald zum Schutz nun also kein Pfefferspray mehr?
Also ich glaube, er braucht nur ein Messer und einen Korb (lacht). Aber im Ernst: Ob jemand in den Wald Pfefferspray mitnimmt, bleibt auch eine persönliche Entscheidung. Wer sich hier unwohl fühlt und gerne Pilze mag, kann diese auch frisch auf dem Wochenmarkt kaufen. Das heißt, einfach wegbleiben. Mir ist jedoch noch kein Übergriff auf Menschen im Landkreis bekannt, eine große Gefahr gibt es wahrscheinlich derzeit nicht. Wer im Wald ist, sollte freilich nicht in jeden verlassenen Winkel wandern, und bei einer Begegnung mit dem Wolf nicht wegrennen. Das ist derzeit nach „Expertenmeinung“ das richtige Verhalten. Ich hoffe nicht, das uns auch hier der Wolf eines Besseren belehrt, wie schon bei anderen Dingen, bei denen man der Meinung war, das dies nie passiert, zum Beispiel Übergriffe auf Pferde und Rinder.
Wollen die Jäger eigentlich auf den Wolf schießen?
Da gibt es gespaltene Meinungen. Die Jäger müssen jedenfalls auch weiterhin Wild jagen, um es zu regulieren. Vielleicht aber nicht mehr so viel wegen des Wolfs. Keiner will ihn ausrotten, auch ein Jäger nicht. Es gibt aber nicht viele Jäger, die unter den aktuellen Rahmenbedingungen den Wolf jagen wollen – ebenso wenig wie unter den Bedingungen, die Frau Lemke angedacht hat. Das ist unter anderem auf die Menschen zurückzuführen, die den Wolf schützen wollen. Da gibt es viel Hass, vor allem in den sozialen Medien. Manch einer sitzt vor dem Computer mit Chips und Bier und lässt einen Spruch ab. Jeder muss also mit sich selbst abmachen, ob er den Wolf bei Vorliegen einer Abschussgenehmigung bejagen will. Der Wolf auf jeden Fall ist ein Wildtier, das als zusätzlicher Unruhefaktor in der Kulturlandschaft zusätzlich bleibt und das Jagen natürlich schwieriger und anspruchsvoller macht.